Das KZ in den Frankfurter Adlerwerken
März 1945: Todesmarsch und Todestransport
Am 24. März befahl der NSDAP-Gauleiter Sprenger die „Evakuierung“ des mitten in der Stadt gelegenen KZs. SS-Leute trieben 350 Häftlinge quer durch Frankfurt über Hanau, Schlüchtern und Fulda bis nach Hünfeld, von wo sie in Güterwagons gepfercht ins KZ Buchenwald transportiert wurden. Diesen 120 Kilometer langen Todesmarsch überlebten vermutlich nur 280 von ihnen. Von Buchenwald schickte sie die SS ins KZ Dachau, wo wohl nur 40 Gefangene lebend ankamen.
Wenige Tage vorher wurden über 500 marschunfähige Häftlinge – Kranke und viele Sterbende – zu je 60 Mann in einen Güterwaggon gepfercht und die Waggons plombiert. Drei Tage und Nächte stand der Zug auf den Fabrikgleisen, bevor er am 16. März 1945 das Werksgelände verließ.
Keine Verpflegung, kein Wasser, keine Hilfe für die Verletzten – erst sieben Tage, nachdem der Zug verplombt worden war, am 23.3.45, erreichte der Transport das KZ Bergen-Belsen.
„In jedem Waggon lagen Berge von Leichen; nur die Mitte war frei, wenn man den Kot nicht rechnet”; erinnert sich Jozef Marcinkowski, ein ehemaliger Häftling, an die Ankunft des Transports im KZ Bergen Belsen.
Die Befreiung Frankfurts am 28.3.1945 kam für die KZ-Häftlinge in den Adlerwerken zu spät.
Wenig später endete der von Deutschland begonnene Zweite Weltkrieg, der deutschen Kapitalisten und dem nationalsozialistischen Regime die rücksichtslose Ausbeutung von Zwangsarbeiter*innen und KZ-Häftlingen ebenso ermöglicht hatte wie das Menschheitsverbrechen des Holocaust.
Nie wieder!
Die Erinnerung an die Opfer des NS-Faschismus wach zu halten, ist heute wichtiger denn je.
Die 1616 Häftlinge, die gnadenlos für die Rüstungsproduktion ausgepresst wurden, deren Tod billigend in Kauf genommen wurde, mahnen, dass wir uns an sie erinnern als Menschen, denen im KZ in den Adlerwerken jede Menschlichkeit verwehrt wurde - von der Geschäftsführung und den Aktionären der Adlerwerke, der SS, den deutschen Vorarbeitern und auch von Bewohner*innen des Gallus, die geflohene Häftlinge an die SS verraten haben.
Die rassistische Vorstellung von wertvollen und weniger wertvollen Menschen greift schon lange wieder um sich und findet auch in physischer Gewalt Ausdruck: Mindestens 170 Menschen sind seit 1990 durch rechte Gewalttaten ums Leben gekommen. Von den rassistischen Pogromen Anfang der 1990er Jahre über die Morde des NSU bis zum Mord an Walter Lübcke und den antisemitischen Terrorangriffen in Halle zieht sich eine neofaschistische Blutspur durch die Republik.